Geschichte der Solothurner Fasnacht


Die Solothurner Haben nachweisbar schon im 15. Jahrhundert Fasnacht gemacht. Fasnachtsumzüge gibt es in Solothurn seit Jahrhunderten. Sie glichen früher, natürlich in bescheidener Art, eher einem Karneval von Nizza, mit schönen Kostümen und prunkvollen Wagen. 1754 wurde ein Umzug mit 22 Gruppen unter dem Motto “Hundertjähriger Kalender” durchgeführt. Früher waren die Umzüge einem dominierenden Thema untergeordnet, heute setzen sie sich aus vielfältigen Gruppen zusammen, die meistens eine Aktualität aufs Korn nehmen, die aber mit dem eigentlichen Fasnachtssujet kaum einen Zusammenhang hat.

Hilari

Die Solothurner Fasnacht beginnt mit dem 13. Jänner. Hilari, Hilari heisst heiter, fröhlich.
Mit dem Hilaritag beginnt eine heitere Zeit. Ab diesem Tag heisst Solothurn “Honolulu” und die Rathausgasse “Eselsgasse”.

Historisch ist der effektive Beginn der Fasnacht am späten Nachmittag im Restaurant zum alten Stephan am Friedhofplatz, denn immerhin seit 1888 versammelt sich dort im Säli im ersten Stock die Narrenzunft Honolulu und der Ober zündet die Narrenlampe an.
Die Zeit zwischen Hilari und Fasnacht ist in Honolulu mit vielfältigen Vorbereitungen ausgefüllt: Värsli werden gebrünzelt, es wird gebastelt, gezimmert, gemalt, geschneidert und die jeweiligen Stammlokale dekoriert. Die Fasnachtszeitungen erscheinen.

Schmutziger Donnerstag

Mit der Chesslete bricht die Fasnacht vollends in den honolulesischen Alltag ein: Das sogenannte Einläuten der Fasnacht. Bereits am Vortag ist Kinderchesslete, als leise Andeutung auf das, was folgt. Morgens um 5.00 Uhr gibt der Oberchessler auf dem Friedhofplatz das Startsignal, und mit Klamauk und Getöse dringen die Akteure in die stillen Gassen der Altstadt ein und erfüllen sie mit schaurigschönen Chaotenklängen. Kuhglocken, Hörner, Rätschen usw. gehören zum Lärmwerkzeug. Nachthemd, Zipfelmütze und rotes Halstuch sind allgemeines Tenü. Vom kleinsten Knirps bis zum Grosspapa ist alles da. Nach dem Rundgang durch Alt- und Vorstadt gibt es spendierte Mütschli und Mehlsuppe. Am Mittag sollte der Spuk vorbei sein, aber am Vormittag bimmelt es noch in den Strassen, was zu den Auswüchsen unserer schönen Bräuche gehört. Am Nachmittag des Schmutzigen Donnerstag verkleiden sich die Kinder und liefern sich in der Hauptgasse die ersten Konfetti-Schlachten. 1982 wurde erstmals und mit grossem Erfolg ein Kinderumzug gestartet. Am Abend ziehen Gruppen von Beiz zu Beiz, Guggemusigen, Tambouren und Schnitzelbänkler.

Fasnachts Freitag

Am Freitagabend werden neu die GUSO Guggen in der Stadt zirkulieren und zu festgelegten Zeiten ein Paltzkonzert auf dem Märetplatz geben und Auftritte in Wirtshäusern abhalten. Die Stadt wird also richtig belebt und soll zum Leben erwachen. Zirkulation von Guggen und Schnitzelbankgruppen in Beizen und in den Gassen von Solothurn, Ein Programm also für jedes Zielpublikum. In den Gassen werden Sie immer einer Gugge begegnen können. Achten Sie auch auf die Flyer und die Plakate. Das Programm wird auch im offiziellen Fasnachtsführer sein.

​​​​​​​Fasnachts Sonntag

Pünktlich mit dem Kanonenschuss um 14.31 Uhr auf dem Amthausplatz beginnt der Solothurner Fasnachts-Umzug. Prominente werden von den Wagen herab begrüsst und aufs Korn genommen, Leute am Strassenrand werden zu Aktivitäten auf die Wagen geholt. Die Guggemusigen schränzen ihre ohrenquälenden bis schmeichelnden Rhythmen. Meistens heitere Gesichter gibt es bei den Akteuren wie bei den Tausenden von Zivilisten, deren Plakette am Revers nicht nur der Ausweis für ihr Eintrittsgeld zum Vergnügen ist, sondern sie mehr oder weniger als Fasnachtsexperten auszeichnet. Auf der Umzugsroute ist das Bieltor jeweils ein Nadelöhr, das den Wagenbauern technische Raffinessen abfordert, damit es passiert werden kann. Vom Amthausplatz durchs Bieltor, durch die Gurzelngasse, Hauptgasse, an der schönen St. Ursen-Kathedrale vorbei den Kronenstutz herab über die Kreuzackerbrücke in die Vorstadt und von dort über die Wengibrücke wieder zurück zum Amthausplatz. Im Anschluss an den Umzug findet auf der St. Ursen-Treppe die Monster-Guggerete statt. Die ganze Hauptgasse wiegt sich im seligen Hin und Her zu den klängen der farbenprächtig kostümierten Guggen. Danach herrscht wieder wirtschaftliche Hochkonjunktur in den Gaststätten. Das Programm vom Abend des Schmutzigen Donnerstags wird in Variationen von den zahlreichen grösseren und kleinern Gruppen erneut dem Publikum vorgeführt. Sogar im Stadttheater kann dieses fasnächtliche Schauspiel in vielen Akten genossen werden. Am Montag sieht man den ganzen Tag vereinzelte Böögge ganz ruhig und gemächlich den Heimweg antreten.

Fasnachts Montag

Einen Güdismäntig wie die Luzerner oder Rosenmontag wie die Rheinländer kennen wir nicht. Aber das “DrummGuguLalaPfiff” wickelt sich am Abend im Kofmehl ab. Unter diesem Titel unterhalten sich Tambouren, Guggemusigen und Schnitzelbankgruppen gegenseitig und exklusiv mit ihren neusten Hits.

Fasnachts Dienstag

Schulen und Büros sind am Nachmittag geschlossen. Der Umzug schlängelt sich nochmals durchs Stedtli. Die Stimmung ist lockerer als am Sonntag, die Fasnachtseuphorie schwillt an; wenn um 17.30 Uhr das Narrenvolk zum Zapfenstreich antritt, steht das Publikum wieder in dichten Reihen am Rande der Defilierstrecke. Der Zapfenstreich ist ein Finale von einmaliger Farbenpracht und aufschäumender Heiterkeit.

Erstmals durchgeführt Anno 1951, vereinigt er nochmals alle Kostümierten, die ihre Masken abgelegt haben, darunter hunderte meist Jugentliche mit oder ohnen Verkleidung. Arm in Arm hüpfen sie der Umzugsstrecke entlang. Den Rhythmus dazu geben Guggemusigen und Tambouren zur monotonen Melodie, die alle mitsingen: “I ma nümm”, “I ma nümm”.

Nach dem Auflösen des wilden Zuges vor den Domherrenhäusern beim Baseltor steigen die aktiven Fasnächtler nach einer kurzen Pause nochmals ins Gewoge honolulesischer Freuden, zum Intrigieren, Produzieren, Pokulieren, Tafeln, Tanzen bis in den Morgen des Aschermittwochs hinein. Am Aschermittwoch sieht man den ganzen Tag vereinzelte Böögge noch ruhiger und gemächlicher den Heimweg antreten.

Aschermittwoch

Er hat mit Asche zu tun. “Gedenke, Mensch, dass du Staub bist.” Geh in dich, Mensch, nachdem so viel aus dir herausgeströmt ist an Freude und Ausgelassenheit. Noch hat das Pendel der Fasnacht nicht ausgeschwungen. Die Tradition der Narrenzunft Honolulu verlangt die Abwicklung des letzten Aktes: Die Verbrennung des Bööggs. Sie ist so alt wie unser Jahrhundert. 1900 war es ein Papierdrache, der als Freudenfeuer auf dem Marktplatz verbrannt wurde. Seither wird der fünfmal lebensgrosse Böögg, eine Phantasiegestalt, dem Flammentod übergeben. Im Zeichen der Gleichberechtigung ist es abwechslungsweise ein Mann und eine Frau. Viel Volk ist nochmals angerückt. Der Böögg ragt wie ein Ungeheuer in die Höhe. Unter den Klängen des Brämenliedes: “übere Gotthard flüge d Bräme” umkreisen die Honolulu-Narren, zusätzlich angeführt von den Tambouren, den Böögg in langsamen Schritten, während die ersten Flammen aus dem Monster züngeln. Der Böögg “läderet”, wird von Raketenknallern zerfetzt und brennt, manchmal schnell und manchmal weniger schnell, nieder. Vereinzelt kann mann bei den Zuschauern Tränen sehen, die glänzend die Wangen herab kullern. Von dem Böögg ist nur noch ein armseliges Gerippe vorhanden, die Zuschauer ziehen sich zurück. Fasnacht ade….., “die Träne im Knopfloch!”

Die Stadt wird wieder sich selbst, aus Honolulu wird wieder Solothurn, und die Eselsgasse heisst wieder ganz gewöhnlich Rathausgasse. Der Ammann ist wieder im Amt. Ein Fünklein Fasnachtsfreude glimmt aber in manchen Narrenherzen weiter und wird ganz bestimmt am nächsten Hilari wieder unwiderstehlich angefacht werden. So ist Fasnacht in Solothurn wie eine chronische Krankheit, die ungefähr alle zwölf Monate ausbricht und nur durch tüchtiges Mitwirken kuriert werden kann.

Der Text stammt hauptsächlich aus dem Buch: Solothurner Fasnacht, erschienen im Verlag der Altstadt Buchhandlung in Solothurn.

Text: Max Egger, Ruedi Rust/c.